Mittwoch, 27. Februar 2013

Berlin-Warszawa-Express

Freitag, 22. Februar

Neun Uhr. Ganz gemütlich klingelt der Wecker. Aufstehen, duschen, Haare waschen, Lilly & Otto versorgen, frühstücken, Nägel lackieren, die letzten Sachen in die Tasche packen, Reiseproviant vorbereiten, von Lilly und Otto verabschieden... Schon geht es los. Der Berlin-Warszawa-Express fährt um 13:50 Uhr vom Ostbahnhof los.

In unserem 6er-Abteil werden wir bereits von den am Hauptbahnhof eingestiegenen conAmici-Mitgliedern erwartet. Zu dem Abteil haben wir zwei Plätze im Nebenabteil. Natürlich kommt für uns nicht in Frage, uns zu trennen. Wir rutschen zusammen und reisen zu acht auf sechs Plätzen. Jeder, der das sieht, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Bahnfahrt ist kurzweilig und lustig. Es werden Bilder im Malbuch zu Kunstwerken, iPad-Spiele gespielt, lustige Geschichten vorgelesen und foursquare-Check-Ins generiert. Als der nächste Halt angesagt wird, sagen wir im Chor "Ha! Einchecken!", zücken unsere Handys und stellen fest, dass wir kaum mit anderen bei foursquare befreundet sind als mit den im Zugabteil Anwesenden.

19:12 Uhr - Ankunft in Warschau.
Von den Männern, die mit unserem Gepäck und den Instrumenten mit dem Transporter gefahren sind, und unserer fantastischen Gastgeberin werden wir bereits erwartet. Wir wohnen etwas außerhalb. Dort ist auch die Partnerschule des Vereins, in der uns ein umfangreiches Abendbrot serviert wird. Mit Schulessen in Deutschland hat das wirklich gar nichts gemein. Leider gibt es freitags kein Fleisch, so stehen Unmengen an Fisch und etwas Käse auf dem Tisch. Die Köchinnen bekommen in regelmäßigen Abständen Kochkurse mit einem Sternekoch bezahlt. Wahnsinn, welche Qualität das Essen dort hat! Insgesamt ist die Schule in einem beeindruckend guten Zustand, sodass wir nachfragen müssen, ob es eine private Schule ist. Ist sie nicht. Unglaublich - so würde bei uns wohl nicht mal eine Privatschule aussehen.

Satt und zufrieden beziehen wir unser conAmici-Appartement, setzen uns auf ein Tyskie, Lech und 'ne Cola zusammen und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Die mitgebrachte Bionade-Cola wird verkostet und für "Nicht lecker" befunden.


Kleine Anekdoten zum Thema "Polnische Sprache"

Ich benötige die gesamte, etwa 30-minütige Fahrt, um mir einen Satz zu merken.
Jetzt kann ich auf polnisch sagen "Wir sind conAmici". Für die polnischen Leser: Jesteśmy conAmici!

Wir stehen vor der Schule, ich möchte bei foursquare bei dem Gebäude mit der niedrigsten Entfernung einchecken, frage aber vorher nochmal bei Agnieszka nach. Sie lacht nur. Ich frage "Ist das ein Puff?" Sie antwortet "So etwas in der Art..." und zeigt mir den richtigen Ort zum Einchecken.

Während des Abendbrots tauschen wir uns über typische polnische Vornamen aus. Das Gespräch wird für die Mitarbeiterinnen der Schule ins Polnische übersetzt. Wir fragen, was dort momentan so "in" ist, ob auch amerikanische Namen zunehmen. Dabei fällt das Wort "häufigste" im polnischen, was selbst für unsere polnisch sprechende "Managerin" ein Zungenbrecher ist. Wir denken, weil wir nichts verstehen und das Wort so oft wiederholt wird, dass dieses Wort der häufigste Name sei und finden, er ist ziemlich schwer auszusprechen... 

 Im Auto lassen wir uns die Nachnamen zweier unserer Jungs übersetzen, die beide auf "ski" enden. Einer heißt "Weinmensch" und der andere "Bergmensch". Als Agnieszka hört, dass er sich mit U schreibt, sagt sie trocken: "OK, dann bist du ein Bergmensch mit Rechtschreibfehler!" Was haben wir gelacht!


Samstag, 23. Februar

Heute dürfen wir erstmal ganz gemütlich ausschlafen. Da wir uns zu fünft das Bad teilen und ich Haare waschen möchte, liege ich seit 8 Uhr wach. Ich überlege, wann ich aufstehen sollte, um als erste im Bad zu sein, die anderen dabei nicht (zu früh) zu wecken und wie ich meine Haare ohne Föhn rechtzeitig trocken bekomme. Als ich schließlich um zehn vor neun das Bad betrete, entdecke ich einen Föhn und sehe, dass all meine Sorgen unnütz waren...

Um 10:30 Uhr erwartet uns in der Schule ein reich gedeckter Frühstückstisch. Es gibt eine Suppe, Brot, polnische Wurst, witzigerweise keinen Käse, aber Kuchen. Hier gibt es scheinbar immer Kuchen. Nachdem wir uns gestärkt haben, geht es in die Warschauer Altstadt zum kleinen Spaziergang. Leider herrschen eisige Temperaturen, sodass man ihn nicht richtig genießen kann. Im Juni kommen wir wieder. Hoffentlich ergibt sich dann bei blauem Himmel eine neue Gelegenheit. Damit uns wieder warm wird und wir weitere polnische Köstlichkeiten kennen lernen, werden wir zur heißen Schokolade in ein Wedel-Café eingeladen. Die Schokoladen dort sind unheimlich gut und sündig. Daher entscheide ich mich für eine Kindertasse Milchschokolade mit Sahnehaube und Schokolinsen-Topping. Die beste Entscheidung, denn die weiße Schoki ist zu süß, um eine ganze Tasse davon zu trinken.


Nach unserem Ausflug in die Stadt kommen unsere Instrumente zum Einsatz. Wir proben noch einmal kurz für das bevorstehende Privatkonzert zum Namenstag. Großer Schreck! Die liebe Anne hat ihre Noten von einem Stück vergessen, das wir unbedingt spielen wollen. Also wird zu Hause kontaktiert. Die Zeit läuft, die Noten liegen dort, aber es gibt weder Scanner noch Kamera mit ausreichender Auflösung, um uns die Noten rechtzeitig zukommen zu lassen. Glücklicherweise ist Annes Rhythmus die ganze Zeit über gleich und sie weiß, wann neue Akkorde kommen. Also Partitur raus und Töne aufgeschrieben. Gerettet - das kleine Konzert kann beginnen. Im Anschluss gibt es wieder fantastisches Essen. Wir sitzen zusammen, hören Witze, quatschen und lachen. Viv & Mann sorgen mit ihrer Livemusik-Einlage noch einmal für gute Stimmung. Es wird getanzt und gesungen. Ich genieße den Abend, die ausgelassene Stimmung und das Gefühl, unter Freunden zu sein.



Sonntag, 24. Februar

Es gibt wieder ein leckeres Frühstück zur angenehmen Zeit. Im Anschluss brechen wir ins nahegelegene Einkaufszentrum Maximus auf. Ich kann gar nicht so recht sagen, was ich davon halte. Es ist dort ein bisschen wie auf einem Polenmarkt, nur überdacht und eben mit Läden statt Ständen. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich mich nicht erinnern kann, wann ich das letzte Mal auf einem solchen Markt war! Die Anordnung der Geschäfte überfordert mich. Viele Läden sind leer. Wir sehen einige skurile Klamotten, aber auch schönes. Allerdings fassen sich die Stoffe oft nicht schön an oder ich frage mich, wie lange so ein Pullover wohl für den Preis überlebt. Glücklicherweise habe ich nur Euro dabei und komme somit nicht in die Versuchung etwas zu kaufen. Sämtliche Preisvorteile wären damit wohl dahin. Es ist interessant, dort entlang zu schlendern. Beim nächsten Mal würde mich das Outletcenter allerdings mehr interessieren :)

Für den heutigen Tag steht das lange angekündigte und mit vielen Plakaten beworbene Konzert im Kulturzentrum der Gemeinde auf dem Plan. Nach dem Ausflug ins Maximus werfen wir uns in Schale, fahren zum Mittag in die Schule und von dort aus zum Veranstaltungsort. Dort bauen wir uns auf der Bühne auf und haben Zeit für einen kleinen Soundcheck und das ein oder andere Stück noch einmal anzuspielen. Dabei habe ich so viele Aussetzer, dass mir das passiert, was ich vorher noch nie hatte. Meine Nerven liegen blank, die Tränen kullern und ich bin mir sicher, uns zu blamieren! Zwischen Soundcheck und Auftritt habe ich jetzt ca. 15 Minuten Zeit, mich zu beruhigen und mir selbst Mut zu machen. Eigentlich sitzt doch alles! Was ist zum Teufel ist jetzt los? Ich muss mich beruhigen, sonst wird das nichts. Ich kann mich gerade gar nicht konzentrieren... Kurz bevor es losgeht, überschminke ich die Tränen, atme tief durch und hoffe, dass alles gut wird. Nach dem ersten Stück bin ich etwas beruhigt. Das lief doch ganz gut...

Das Publikum belohnt uns mit tosendem Applaus, singt mit und gibt zum Schluss sogar Standing Ovations. Ich bin glücklich! Mir fällt ein riesengroßer Fels vom Herzen. Am Ende ist natürlich alles gut gelaufen und meine Sorgen und Ängste bleiben unbegründet.



Montag, 25. Februar

Der Wecker klingelt viel zu früh. Nach einer durch den kränkelnden Liebsten von vielen Wachphasen unterbrochenen Nacht sind wir pünktlich um 7:30 Uhr beim Frühstück und schmieren Stullen zum Mitnehmen. Als alle Instrumente und Taschen im Transporter verstaut sind, machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Um diese Zeit rechnen wir einen großzügigen Puffer ein und fahren zur Sicherheit "über's Feld". Wir haben Wunder was für Feldwege erwartet. Am Ende ist es nur ein Weg durch die Dörfer - zum Glück. Pünktlich am Bahnhof angekommen gibt es einen Abschiedskaffe für die Kaffeetrinker und anschließend ein herzliches Dankeschön und auf Wiedersehen an Agnieszka!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen